Überspringen zu Hauptinhalt

Artikel des Monats März 2018

Artikel des Monats März 2018

vorgestellt von PD Dr. med. Friederike Siedentopf

Hanschmidt F, Hoffmann R, Klingner J, Kersting A, Stepan H.

Help-seeking Following Termination of Pregnancy after Diagnosis of Fetal Anomaly: Women’s Intentions and Experiences 1 to 7 Years after the Event.

Geburtshilfe Frauenheilkd. 2018 Feb; 78(2):160-166.

 

In einer Leipziger Studie wurden  148 Frauen nachuntersucht, die sich nach der Diagnose einer fetalen Anomalie einem Schwangerschaftsabbruch in der Universitätsklinik unterzogen hatten. Sie füllten zwischen 1 und 7 Jahre nach dem Abbruch einen Selbstbeurteilungsfragebogen aus.

Die Diagnose einer fetalen Anomalie und die schwierigen Umstände, die mit der Entscheidung zusammenhängen, die Schwangerschaft abzubrechen, können eine starke psychische Belastung für betroffene Frauen darstellen. Die Autoren konstatieren, dass bisher  noch relativ wenig darüber bekannt ist, in welchem Maße und wo betroffene Frauen Hilfe für ihre emotionalen Probleme nach einem Schwangerschaftsabbruch bei Diagnose einer fetalen Fehlbildung suchen. Die wichtigsten Endpunkte der Untersuchung waren Absicht, nach Hilfe zu suchen, und tatsächliches Verhalten, um Hilfe zu bekommen.

Der Zusammenhang zwischen soziodemografischen Merkmalen und der Absicht, nach Hilfe zu suchen, wurde mithilfe der logistischen Regressionsanalyse untersucht. Die meisten Frauen berichteten, dass sie Hilfe bei ihrem Partner (91,7%), bei Freunden und/oder der Familie (82,8%) oder im Internet (62,2%) suchen würden. Was das Gesundheitswesen anbetrifft, gaben 50,0% der Frauen an, dass sie bei ihrem Gynäkologen Hilfe suchen würden, und zwischen 43,8 und 47.9% der Frauen berichteten, dass sie bei einer psychologischen Beratungsstelle bzw. bei psychosozialen Fachkräften Hilfe suchen würden. Die wenigsten (21,7%) hatten die Absicht, Hilfe bei Selbsthilfegruppen zu suchen. Es gab einen Zusammenhang zwischen Alter, Einkommen, Region und Religion und der Absicht, Hilfe zu suchen. Von den Teilnehmerinnen mit einer erhöhten psychischen Belastung gaben 23,8% an, dass sie niemals ihre emotionalen Probleme mit einer medizinischen Fachkraft diskutiert hätten.

Fazit: Die gezogenen Schlussfolgerungen der Autoren sind, dass Gynäkologen zu den bevorzugtesten Gesundheitsfachkräften gehören, mit denen Frauen ihre psychologischen Probleme nach einem Schwangerschaftsabbruch bei Diagnose einer fetalen Fehlbildung besprechen. Gynäkologen sollten daher aktiv an der Früherkennungsuntersuchung, diagnostischen Beurteilung und Überweisung von betroffenen Frauen beteiligt sein. Aus meiner Sicht kann man die Schlussfolgerungen dieser interessanten Studie noch erweitern: der überwiegende Teil der betroffenen Frauen sucht Unterstützung bei ihrem Partner, unklar ist jedoch wie diese mit dem Ansinnen umgehen und wie die dadurch evtl. bestehende Belastung in der Beziehung verarbeitet wird. Dies weiter zu untersuchen, wäre lohnenswert und es könnten sich daraus für die konkrete Betreuung neue Aspekte ergeben. Dass ein Viertel der stärker belasteten Frauen niemals mit einer medizinischen Fachkraft gesprochen hat, ist dagegen erschreckend und sollte in der Konsequenz bedeuten, dass die Frage nach der psychischen Belastung nach einem Schwangerschaftsabbruch beispielsweise bei der Nachuntersuchung in der Praxis oder Klinik unbedingt aktiv ärztlicherseits thematisiert werden sollte, um letztlich die Risikogruppen einer ungünstigen Verarbeitung zuverlässig zu erkennen.

Friederike Siedentopf, März 2018

PD. Dr. med. Friederike Siedentopf

An den Anfang scrollen